Der „Pavillon der Vielen“ ist ein Ort der vielen Gastgeber:innen, die Brücken über die Zeiten und Geschichten in den Rheinpark in Duisburg Hochfeld schlagen. Die Jurte-Zelte laden euch ein, zum Tee vorbeizukommen, zu bleiben, euch durch Bücher zu stöbern, in Geschichten und Video- und Soundinstallationen einzutauchen und ins Gespräch zu kommen, über praktische Solidarität und die Kunst der zwischenmenschlichen Begegnung.

Gleichzeitig bietet der Pavillon Raum, um Duisburg und Hochfeld sichtbar zu machen: mit Jam-Sessions mit Hochfelder Musiker:innen, Foto-Exponate der Kiez-Kids-Workshops, unterschiedliche Ausstellungen und einer lokalen Gesprächsrunde, das wir euch bald präsentieren.

Auf einen Blick – Klickt euch durch:

Die Gastgeberinnen sind das Zentrum für Kultur und das Taranta Babu aus Dortmund. Gemeinsam schaffen sie im Pavillon der Vielen ein Forum für:

Zentrum für Kultur Hochfeld

Natürlich begrüßt euch das Zentrum für Kultur und gibt Einblicke in die solidarische Kiez-Arbeit der letzten Jahre. Dazu zählt nicht nur die Sozialberatung sondern vor allem auch die Arbeit mit den Hochfelder Kids, die ihre entstandenen Fotographien in Postkartenformat präsentieren und gegen Spende abgeben. Das ZK ist ein Ort der praktischen Solidarität, der Umverteilung und der community-übergreifenden Vernetzung und organisiert das Fest der Vielen ehrenamtlich.

Taranta Babu Dortmund

Das Taranta Babu ist ein Ort für alle, die Lesen, Gespräche, Tee und Solidarität lieben. Vor 45 Jahren gründete Hasan Şahin das Taranta Babu – Verein für interkulturelle Lesekultur und Medienkompetenz e.V. in Dortmund, das Buchhandlung, Café und Veranstaltungsort zugleich ist und sich dem Prinzip der internationalen Solidarität verschrieben hat. In den letzten Jahrzehnten war das Taranta Babu ein Fluchtpunkt, Inspiration und safer space der Protagonist:innen des Fest der Vielen, auf der Suche nach Räumen für die solidarischen Vielen – da es in Duisburg daran mangelte.

“Wenn die Menschen schweigen, reden die Bücher“… Mit diesem Leitsatz feierte das Taranta Babu vor kurzem das 45-jährige Jubiläum und wird Einblicke in die letzten Jahrzehnte geben. Das Taranta Babu bringt einen Büchertisch mit und natürlich Çay.

Foto von Taranta Babu – www.tarantababu.de

„Stop.zuhören.Begegnen.“

Euch wird die Ausstellung „Stopp. Zuhören. Begegnen. Eine Kunstausstellung im öffentlichen Raum“ von Cana Bilir-Meier und Talya Feldmann auf das Festival-Gelände führen. Die Ausstellung ist in enger Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen, Überlebenden und Familien von Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt entstanden, die an der Gestaltung der temporären öffentlichen Skulptur und der Sound-Installation unmittelbar beteiligt waren. Im Zentrum des Werks stehen die Erfahrungen, Kämpfe, Forderungen und Wünsche, insbesondere der betroffenen Menschen in Duisburg.

„Hört mir zu: Dieses Lied ist ein Denkmal“

Die Sound-Installation „Hört mir zu: Dieses Lied ist ein Denkmal“ ist eine Soundcollage von Talya Feldmann aus Protesten, Soundlandschaften, Instrumentalstücken, Interviews, Reden und Musikaufnahmen von lokalen Musiker*innen und Legenden wie Ozan Ata Canani, Berivan Kaya und Microphone Mafia. Dieses Werk steht als Mahnmal für die vielen Verletzten und Opfer von Rassismus und Antisemitismus in NRW und in Duisburg, aber auch für die Vielen, die seit Jahrzehnten und bis heute für Widerstand, Resilienz und Solidarität kämpfen. Ihre lautstarken Forderungen nach Anerkennung, Gerechtigkeit und Veränderung sind klar und deutlich. Hört mir zu, sagen sie. Es ist Zeit, gehört zu werden.

„WEGGERÄUMT. Geschichten Duisburger Rom:nja“

Tiefergehende Einblicke in prekarisierte und migrantisierte Lebensrealitäten in Duisburg Hochfeld geben die Video-Installationen „WEGGERÄUMT. Geschichten Duisburger Rom:nja“ von Anna Irma Hilfrich. Die Hochfelderin und Künstlerin dokumentiert seit Jahren die alltäglichen Kämpfe um menschenwürdiges Leben in Duisburg Hochfeld und darüber hinaus. Unter anderem hat sie den Sammelband „EuropaLokal: Prekarisierung in Duisburg“ herausgegeben.

Hier geht es um Lebensrealitäten in Duisburg, lokale Begebenheiten, Arbeits- und Wohnverhältnisse insbesondere der aus Rumänien und Bulgarien stammenden Nachbarschaft. Ihre Biografien sind verflochten mit dem Rückzug des Geldes aus einer einst ‚blühenden‘ Industriemetropole; mit den anhaltenden Deinvestition und der Deindustrialisierung in Osteuropa nach dem ‚Fall des Eisernen Vorhangs‘, die Millionen Menschen jedes Jahr in die Zentren kapitalistischer Akkumulation bewegt; und mit einem Europa, dessen ‚Integration‘ sich seit nunmehr Jahrzehnten fatal mit dem Rückbau von Arbeitsschutz und sozialen Rechten verbindet. Davon erzählen die Biografien unserer Nachbar:innen, das sind ihre Geschichten und die Geschichte Duisburgs.

In Duisburg lassen sich Effekte dieser doppelten Bewegung von Abwertung und Ausbeutung sehr gut beobachten: In den eindimensionalen Problembeschreibungen die von ‚Problemhäusern‘ bis zum ‚bandenmäßigen Sozialleistungsmissbrauch‘ reichen. Das Ausblenden der Ursachen für prekäre Lebensrealitäten lässt hartes Durchgreifen plausibel erscheinen und schürt rassistische Ressentiments. Das erzeugt ein Klima des beständigen Misstrauens, der Spaltung, die den Blick auf ein gemeinsam gestaltbares Zusammenleben verstellen.

Heinrich Hafenstaedter: Stadtzerstörung Hochfeld, Kupferhüttensiedlung, März 1982

„Die Verhältnisse zum tanzen bringen“

Das Kunstmuseum Bochum bringt mit einzelnen Exponaten der Ausstellung „Die Verhältnisse zum tanzen bringen“ einen kleinen Ausschnitt auf 50 Jahre Kemnade International-Festival in den Rheinpark. Ein Festival, das in dieser Form Geschichte ist, aber auch zugleich in seinen letzten Jahren für die Macher:innen des Fest der Vielen prägende Inspiration war. Ein Festival, das nicht nur auf Musik und Kunst, Literatur und Tanz setzte, sondern auch auf Vernetzung und das Wissen Vieler. Es wurde zu einem herausragenden Beispiel der reichen, lange schon migrantisch geprägten Kultur unserer Region. Was bleibt von der damaligen Utopie? Welche Geschichten gehören noch erzählt, welche Tänze noch getanzt? Und welche Brücken über die Zeiten, welche Fragen und welche Antworten haben sich seit 50 Jahren (leider) nicht geändert, welche verfestigt? Was können wir in Duisburg und in Hochfeld jetzt und heute daraus lernen?

„Die Verhältnisse zum tanzen bringen“, Foto: Holtgreve